Erfassung des sichtbaren Tagzugs der Vögel auf dem Regenpfeiferacker bei Hochdorf a. d. Enz
Im Landkreis Ludwigsburg zählten wir erstmals im Jahr 2013 gemeinsam den Vogelzug von einem gemeinsamen Erfassungspunkt aus. Zuvor wurde unregelmäßig an verschiedenen Orten erfasst. Der Erfassungspunkt liegt im westlichen Landkreis Ludwigsburg, auf einer Hochfläche zwischen Schwieberdingen und Hochdorf an der Enz. Aufgrund der vielen Beobachtungen von Limikolen (auch „Watvögel“ genannt), wurde der Ort schnell als sogenannter „Regenpfeiferacker“ (RPA) bekannt.
Wir erfassen während einer Wegzugsaison nahezu alle Tage im festgelegten Zeitraum, der vom 14. August bis 01. Dezember reicht. Täglich wird in etwa von Sonnenaufgang bis mindestens Mittag gezählt. Allerdings wird oft bis in den Nachmittag beobachtet. Somit ist der Erfassungsgrad der meisten Vogelarten sehr hoch. Nach aktuellem Kenntnistand ist dieses Erfassungsprojekt des sichtbaren Vogelzugs während des Wegzugs das zeitlich umfangreichste Projekt in Baden-Württemberg, wenn nicht sogar in Deutschland.
Standort
In der Abb. 1 ist der Standort der Zugplanerfassung am RPA anhand des roten Sterns zu erkennen. Der Erfassungspunkt liegt im westlichen Teil des Landkreis Ludwigsburgs und im zentral-westlichen Teil des Neckarbeckens (48°52'56.24"N 9° 1'29.61"E).
Abb. 1: Die rote Markierung kennzeichnet den Standort des Regenpfeiferackers. Auszug aus Google Earth. Stand: 12.10.2025.
Außer der guten Übersichtlichkeit und der zentralen Lage zwischen den Wohnorten der Beobachter, gab es ein weiteres entscheidendes Kriterium für die Auswahl des Beobachtungsortes: Aufgrund der landwirtschaftlichen Struktur mit Hochertragsböden, ergibt die Landschaftsausstattung ein „steppenartiges“ Bild, wie es verbreitet im Lkr. Ludwigsburg anzutreffen ist (das sogenannte Strohgäu).
In diesem Landschaftsausschnitt konnten durch lokale Beobachter (T. GÖLZER) größere Trupps rastender Limikolen (Goldregenpfeifer) festgestellt werden. Nach eingehender Untersuchung der Flächen wurde der Standort als für die Wegzugbeobachtung geeignet befunden (J. & JOH. VÖLLM).
Der Erfassungspunkt kann als exponierter Standort mit einer sehr guten Übersicht beschrieben werden. Es ergibt sich ein weiter Blick auf den Stromberg nach Norden sowie das Neckarbecken nach Nordosten bis Süden (siehe Abb. 2 & 3).
Abb. 2: Blick nach Norden vom Beobachtungspunkt Regenpfeiferacker. Auf diesem Bild ist gut zu erkennen, wie das Gelände nur wenige Meter weiter nördlich merklich abfällt. 24.10.2016, R. Meinert.
Abb. 3: Blick in Richtung Südosten vom Beobachtungspunkt Regenpfeiferacker. Nach der Senke im Bereich der Bildmitte, erhebt sich der südöstliche Teil der Hochfläche, der Lerchenberg. 10.10.2014, R. Meinert.
Die aus dem Nordosten kommenden Zugvögel treffen während ihres Wegzugs auf die Hochflächen, und passieren diese je nach Windsituation recht flach in Richtung Südwesten. Daher sind die Vögel gut wahrzunehmen, und somit auch bestimm- und zählbar.
Aufgrund der landwirtschaftlichen Strukturen vor Ort ist nicht mit einer Veränderung der Beobachtungsbedingungen infolge von Sukzession zu rechnen. Auch steht eine Verschlechterung der Beobachtungsbedingungen aufgrund des Kontakts zur örtlichen Landwirtschaft aktuell nicht im Raum, da der Maisanbau, welcher die Beobachtungsbedingungen erheblich einschränken würde, auf der Hochfläche nicht stattfindet. Somit ist von gleichbleibend guten Beobachtungsbedingungen vor Ort auszugehen.
Ein weiterer Vorteil dieses Standortes liegt darin, dass er vielen Vogelarten Rast- und Nahrungsflächen bietet, welche in Baden-Württemberg als Brutvogel nur sehr selten bzw. gar nicht mehr vorhanden sind (Wiesenweihe, Rohrweihe, Sumpfohreule, Limikolen, etc.).
07.-12.10.2025
Rastgeschehen
Die am Vortag eingeflogenen 3 Goldregenpfeifer waren am Morgen des 07.10. noch immer anwesend. Um kurz vor 10 Uhr flogen sie nachdem sie einige Runden gedreht hatten Richtung Nordwesten ab.
Kurz nach 11 Uhr fielen 13 Kiebitze zur Rast, welche vom lokalen Wanderfalken aufgejagt wurden. Diese ließen sich nicht weiter vom Wanderfalken stören.
Das Rastgeschehen war ansonsten überschaubar. Am 10.10. flog morgens eine Rohrweihe flach Richtung Westen ab und kurz danach flogen zuvor unbemerkte 6 Goldregenpfeifer vom Acker Richtung Westsüdwest ab.
Auffällig sind in dieser Saison die recht zahlreichen Bergpieper, welche nicht nur in ihre Hauptzugrichtung Nordwesten fliegen, sondern auch in den Zuckerrübenäckern und an den grasigen Feldwegen rasten.
Zuggeschehen
Der Wegzug der Vögel hat merklich zugenommen. An einzelnen Tagen an denen der Hochnebel sich aufgelöst hatte, konnten vermehrt durchziehende Heidelerchen, Buch- und Bergfinken und Ringeltauben beobachtet werden.
In den Mittagsstunden setzte guter Rotmilanzug ein.
So zogen am 09. und 12.10. geschätzte 4.000 und 13.500 Ringeltauben durch. Die nur im deutlich näheren Umfeld feststellbaren Singvögel waren nach dem 03.10. erstmals wieder am 09.10. mit über 5.000 durchziehenden Vögeln gut vertreten.
Am 11. und 12.10. konnten 95 und 50 durchziehende Rotmilane gezählt werden.
Sicher wird das Zug- und somit auch Rastgeschehen in den nächsten Tagen deutlich stärker werden.